Ursula Bedners

geb. Markus

* 14. Mai 1920 in Schäßburg (Rumänien)  † 12. November 2005 ebenda

von Florina Dauberschmidt

Leben und Werk

Ursula Bedners wurde am 14. Mai 1920 in Schäßburg (rum. Sighișoara, ung. Segesvár) als Tochter eines Arztes geboren. Dort besuchte sie auch das Gymnasium. Den Bund der Ehe ging Ursula Bedners mit 17 Jahren ein. Am 12. November 2005 verstarb sie im Alter von 85 Jahren. Das Haus am Marktplatz (rum. Piața Hermann Obert) Nummer 39, welches seit mehreren Generationen im Besitz der Markus-Familie war, spielte für die freiberufliche Schriftstellerin und Hausfrau eine wichtige Rolle. Viele ihrer Werke wurden inspiriert von Ereignissen, die sich rund um dieses Haus abspielten.

Als Lyrikerin trat Ursula Bedners Ende der 1960er-Jahre an die Öffentlichkeit. In der rumäniendeutschen Zeitschrift Neue Literatur erschien ihr Name unter dem Titel Neue Namen im Heft 7/8 des Jahres 1967. Dort wurden ihre Gedichte Heimkehr, Ich will nicht wissen, Winde, mein Mund und Meine Augen veröffentlicht.

1968 schrieb der Bukarester Literaturkreis einen Wettbewerb mit dem Titel Er stand immer im Wege aus. Ihr Beitrag Variante I wurde in der Zeitschrift Neue Literatur, Heft 7, Juli 1968, auf den Seiten 10 und 11 veröffentlicht.

Der erste Gedichtband Bedners‘, Im Netz des Windes, ist1969 im Bukarester Jugendverlag (rum. Editura Tineretului) erschienen. Den darin enthaltenen Texten ist eine starke Beeinflussung durch Oskar Pastior, einen guten Freund und Ratgeber, anzumerken. Die Gedichte sind titel- und reimlos und lassen vielfach keine Metren erkennen, Satzzeichen werden sparsam verwendet. Geprägt sind die Texte von Gegensätzen, die Unruhe, Angst und innere Kälte verspüren lassen. Die dort beschriebene Ruhe wird zudem erdrückend und deutet eher auf eine gescheiterte und unmöglich vollziehbare Kommunikation hin.

Es folgten die Gedichtbände Schilfinseln (1973) und Märzlandfahrt (1981), die im Bukarester Kriterion Verlag erschienen. In Schilfinseln werden wiederholt Symbole wie Rauch, Wasser und Spiegel verwendet. Erneut setzt sich die Autorin mit der Vergänglichkeit auseinander und findet immer wieder Trost in der Natur, mit der sie sich identifiziert und aus der sie ihre Kraft schöpft. In einigen dieser Gedichte wird die Angst thematisiert, eine Angst, die sich auf die Überschwemmung der 1970er-Jahre in Rumänien zurückführen lässt.

1986 erschien im Kriterion Verlag der Band Hinter sieben Bergen. Gedanken, Geschichten, Eindrücke, der 2008 im Hermannstädter Schiller Verlag neu gedruckt wurde. Dieses Büchlein beinhaltet Naturbeschreibungen, aber es werden auch diverse Ereignisse, die sich in Schäßburg und Umgebung abgespielt haben, dem Leser nähergebracht. Das erste Kapitel trägt den Titel Mein Garten – meine Stunde und umfasst zwölf Naturbetrachtungen, wobei sich die Schriftstellerin mit den Auffälligkeiten jedes einzelnen Monats auseinandersetzt, aber auch an geschichtliche Ereignisse und Persönlichkeiten aus der Heimatstadt erinnert. Die Texte wurden 1984 monatlich in der Karpatenrundschau unter dem Titel Mein Garten … erstveröffentlicht. Neben den zwölf Gartenaufzeichnungen beinhaltet das Buch zehn weitere Erzählungen über Land und Leute. Zwei davon handeln von der Familie des Buchdruckers Krafft, wobei die Autorin sowohl die in Schäßburg als auch die in Hermannstadt (rum. Sibiu, ung. Nagyszeben) wohnenden Familienmitglieder zu Wort kommen lässt. Für diese Serie an Naturbeschreibungen erhielt sie 1985 den Literaturpreis Silberdistel der Karpatenrundschau.

Im Hermannstädter Hora-Verlag erschien 2001 das Prosawerk Der Meisterdieb und andere Geschichten aus Siebenbürgen, das erste veröffentlichte Werk, welches auch Angaben zum Leben der Autorin und zu ihren zuvor veröffentlichten Schriften aufweist. Joachim Wittstock verfasste das Vorwort Vom lebendigen Erzählen. Geleitwort zu den Geschichten von Ursula Bedners, aus dem ersichtlich wird, dass der ursprüngliche Titel der Sammlung Auf den Spuren der Vergangenheit lauten sollte. Das Buch beinhaltet dreißig Skizzen und Erzählungen über Ereignisse, die Bedners selber erlebt hat oder die ihr von ihrem Vater erzählt wurden. Vielleicht widmete sie dieses Buch deswegen ihrem Vater und betrachtete es als ihre Pflicht, die Geschichten weiter leben zu lassen. Die Worte des Schriftstellers Hermann Kesten, die sie als Motto gewählt hat, verstärken ihren Glauben: „Was wir nicht aufschreiben, / hat umsonst gelebt, / ist wie nie gewesen.“ Beschrieben werden Schäßburger BürgerInnen, aber auch Menschen, die um ihr Überleben kämpfen müssen. Joachim Wittstock erinnert sich an den Stadthauptmann Albert Reinhardt, der von seinen MitbürgerInnen Reinhardt Pretz genannt wurde und bei verschiedenen Anlässen gerne Schäßburger Anekdoten erzählte. Der Meisterdieb handelt von so einem Ereignis, und obwohl Bedners den Stadthauptmann nicht bei Namen nennt, erkennt Wittstock in ihm den bekannten Reinhardt Pretz. Wie für Ursula Bedners war das siebenbürgisch-sächsische Dorf für rumäniendeutsche Schriftsteller – unter ihnen Adolf Meschendörfer, Erwin Wittstock, Adam Müller-Guttenbrunn, Paul Schuster und Hans Liebhardt – eine häufige Inspirationsquelle.

1979 erhielt Ursula Bedners für ihre Übersetzung des Romans Der schluchzende Affe von Tibor Bálint aus dem Ungarischen ins Deutsche eine Auszeichnung vom Schriftstellerverband Hermannstadt.

Einige ihrer Gedichte wurden von Adrian Hamzea ins Rumänische übersetzt und in dem Band Poeme veröffentlicht, der, mit einem Vorwort von Ana Blandiana, 1974 im Kriterion Verlag erschien.

Im Jahr 2000 wurde Ursula Bedners die Johannes-Honterus-Medaille vom Demokratischen Forum der Deutschen in Siebenbürgen verliehen. Heute erinnert eine Plakette an ihrem langjährigen Wohnhaus an die Schäßburger Autorin. Ihr Text wurde von Joachim Wittstock ausgesucht: „Wenn mir die Mauern entfallen, / leg ich ruhig meine Tage darunter.“

Rezeption

Kritische Beiträge zu Ursula Bedners Werk gibt es vergleichsweise wenige. Mit dem Titel Eine halbe Stunde Gefühl. Unsere Lyrikdiskussion stellt Richard Adleff die Lyrikerin Ursula Bedners – ein Name, der den Lesern nicht unbekannt war – und das Gedicht WEIL DER REGEN 1969 erstmalig einem breiten Publikum in der Karpatenrundschau vor. Gerhard Csejka spricht 1970 anlässlich des Erscheinens von Im Netz des Windes in der Neuen Literatur von der modernen Dichtung der Lyrikerin. In der zeitgenössischen Rezeption werden immer wieder ihre sprachgewaltigen Bilder, der Realitätsbezug und ihre Art, „anders“ zu schreiben, hervorgehoben. Der Name Ursula Bedners erscheint auch im Who’s Who în România 2002. Ausführlichere Informationen enthält das Deutsche Schriftstellerlexikon 2002. Ein Who’s Who der deutschsprachigen Literatur, erschienen beim Bund deutscher Schriftsteller (BDS e.V).

Für Ursula Bedners ebenfalls wichtige Veröffentlichungen sind das Buch Sommertage in Birthälm, herausgegeben von Gerda Ziegler, und der Band Frauen in Rumänien. Lebensberichte zur Lage der Frauen in Beruf – Familie – Gesellschaft – Kirche, herausgegeben von Hannelore Baier und Cornelia Schlarb.

Archivsituation

Der Nachlass der Schriftstellerin wurde Joachim Wittstock von Horst Bedners, dem Ehemann der Dichterin, nach deren Tod übergeben. Er wurde im Zentralarchiv der Evangelischen Landeskirche A.B. in Rumänien, in Hermannstadt (ZAEKR) erschlossen. Er enthält Tagebücher, Reiseberichte, Zeitungsartikel, veröffentlichte Artikel und Bücher, Auszeichnungen, private Korrespondenzen, aber auch Verlagsbriefwechsel. Darüber hinaus finden sich hier zahlreiche Manuskripte zu veröffentlichten und unveröffentlichten Gedichten, Prosatexten sowie Texte, die der Kinder- und Jugendliteratur zugeordnet werden können.

Werke

Lyrik

  • Im Netz des Windes. Gedichte. Bukarest, Jugendverlag, 1969.
  • Schilfinseln. Gedichte. Bukarest, Kriterion, 1973.
  • Märzlandfahrt. Gedichte. Bukarest, Kriterion, 1981.
  • Einzelveröffentlichungen

Prosa

  • Hinter den sieben Bergen. Gedanken, Geschichten, Eindrücke. Hermannstadt, Schiller Verlag, 1986. [neu veröffentlicht 2008]
  • Der Meisterdieb und andere Geschichten aus Siebenbürgen. Hermannstadt, Hora Verlag, 2001.
  • Einzelveröffentlichungen

Übersetzungen

  • Poeme. Ins Rumänische übersetzt von Adrian Hamzea. Bukarest, Kriterion, 1974.

Interviews

  • Bedners‘ Abschied oder das hartnäckige Verweilen der siebenbürgischen Dichterin Ursula Bedners an Ort und Stelle. Radiointerview, geführt von Peter Klein, ORF 1992.
  • Interview, geführt von Alexandru Mihăilescu für die deutsche Sendung des rumänischen Fernsehsenders 1995. [aus technischen Gründen bislang unzugänglich]
  • Inge Wittstock: „Jede Reise ist ein kleines Sterben“. Ein Gespräch mit der siebenbürgisch-sächsischen Lyrikerin Ursula Bedners. Hermannstädter Zeitung 28 (1995), H. 1454, S. 5.
  • Inge Wittstock: Frauen in Rumänien. Lebensberichte zur Lage der Frauen in Beruf – Familie – Gesellschaft – Kirche. Allgemeine Deutschen Zeitung 12. Mai 2000.
  • Réka Sánta-Jakabházi: Hinter sieben Bergen, zu Hause. Das letzte, bisher unveröffentlichte Interview mit Ursula Bedners. Allgemeine Deutschen Zeitung 18. November 2005.

Sekundärliteratur (Auswahl)

  • Peter Grosz: Bedners-Gedichte rumänisch. In: Die Woche 8 (1975). H. 375, S. 5.
  • Peter Grosz: Ursula Bedners Poeme. Kriterion. In: Neuer Weg 29. März 1975.
  • Gerhardt Csejka: Metaphysizieren im Netz des Windes. Zu Ursula Bedners: Im Netz des Windes, Jugendverlag Bukarest. In: Neue Literatur 21 (1970). H. 5, S. 109f.
  • Franz Hodjak: Metaphysizieren im Netz des Windes. Zu Ursula Bedners: Im Netz des Windes, Jugendverlag Bukarest. In: Neue Literatur 25 (1974). H. 3, S. 97–100.
  • Siegfried König: „Ich gehöre nur hierher, nirgend anderswohin“. Ein Nach-Denken über die Schäßburger Schriftstellerin Ursula Bedners (1920–2005). In: Siebenbürgische Zeitung 15. April 2005.
  • Sabine Morres: „Leicht könnte… das eine Wort Rettung sein“. Zu: Ursula Bedners, Märzlandfahrt. Kriterion Verlag, Bukarest 1981. In: Karpatenrundschau 14 (1981). H. 46, S. 5.
  • Eduard Schneider: Eine Jubiläumsanthologie. Fahnen im Wind, Kriterion Verlag, Bukarest 1973. In: Neue Literatur 24 (1973). H. 5, S. 98.
  • Eduard Schneider: Sagen warum und wieso. Neue Gedichte von Ursula Bedners. In: Neuer Weg 8. Februar 1974.
  • Claus Stephani: Bukarester Literaturkreis vor Arbeitsbeginn. In: Hermannstädter Zeitung 1 (1968) H. 35, S. 7.

Weblinks

Archivmaterial (Auszüge)

Publikationen (Auszüge) zum Download


Zitation

Florina Dauberschmidt: Ursula Bedners. In: Donau-Karpaten-Literatur: Lexikon zur deutschsprachigen Literatur aus Zentral- und Südosteuropa (2019). URL: https://dokalit.ikgs.de/bedners-ursula (Stand: 14.7.2024).

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