Halbjahresschrift für südosteuropäische Geschichte, Literatur und Politik

(seit 2019: Halbjahresschrift für Geschichte und Zeitgeschehen in Zentral- und Südosteuropa)

von Georg Herbstritt

Geschichte

Die Halbjahresschrift für südosteuropäische Geschichte, Literatur und Politik gibt es seit Anfang 1989. Sie entstand infolge eines Konflikts zwischen der NS-belasteten Führung der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in der Bundesrepublik Deutschland und einer kleinen Gruppe kritischer Siebenbürger Sachsen. Eine maßgebliche Rolle spielte hierbei der aus Nordsiebenbürgen stammende und Ende der 1960er-Jahre nach Westdeutschland übergesiedelte Historiker Johann Böhm. In seiner 1985 erschienenen Dissertation Das nationalsozialistische Deutschland und die Deutsche Volksgruppe in Rumänien 1936–1944 legte er offen, in welchem Umfang die aktuelle Führung der Landsmannschaft bis 1944 wichtige Funktionen in der NS-Volksgruppenführung in Siebenbürgen innehatte, und wies darauf hin, dass viele ihrer Mitglieder der NS-Ideologie bis in die Gegenwart hinein verhaftet geblieben waren. Johann Böhm wurde daraufhin von diesen Kreisen massiv angegriffen. Als Reaktion darauf gründete er mit weiteren 25 AkademikerInnen 1987 den „Arbeitskreis für Geschichte und Kultur der deutschen Siedlungsgebiete im Südosten Europas e.V.“, der sich um eine kritische Aufarbeitung der Zwischenkriegszeit und der Jahre des Zweiten Weltkriegs bemühte. Dieser Arbeitskreis (dessen Bezeichnung sich noch zweimal änderte) fungierte dann ab 1989 als Herausgeberinstitution der Halbjahresschrift. Insofern stellte die Zeitschrift eine Gegengründung zu den landsmannschaftlich dominierten Südostdeutschen Vierteljahresblättern dar. Von 1989 bis 2016 war Johann Böhm Herausgeber und Chefredakteur der Halbjahresschrift. 2018 übernahm das Münchner Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas (IKGS) als Institution die Herausgeberschaft. Der Titel der Zeitschrift lautet seither Halbjahresschrift für Geschichte und Zeitgeschehen in Zentral- und Südosteuropa.

Inhalte

Die grundlegende Ausrichtung der Halbjahresschrift ist seit ihren Anfängen unverändert geblieben und zielt auf eine umfassende und sachliche Darstellung zeitgeschichtlicher, politischer und kultureller (hier vor allem literarischer) Geschehnisse in den Ländern Ostmittel- und Südosteuropas. Regionale Schwerpunkte bilden insbesondere Ungarn, Rumänien und die  ehemaligen jugoslawischen Länder, daneben auch Bulgarien und die frühere Tschechoslowakei. Anfangs thematisierten die Beiträge vor allem den Nationalsozialismus bzw. Faschismus und seine Verbrechen, doch schon bald etablierte sich die Aufarbeitung des Kommunismus als weiterer Themenschwerpunkt. Ein Fokus liegt auf der deutschen Minderheit in der genannten Region, doch daneben – und sich zum Teil überschneidend – finden übergreifende Themen wie beispielsweise Antisemitismus, Kirchen und Schriftsteller breiten Raum in den einzelnen Heften.

Die Halbjahresschrift veröffentlicht wissenschaftliche Aufsätze, Essays, Archivdokumente, Buchbesprechungen und literarische Texte. Von 1989 bis 2009 erschienen jährlich zwei Hefte, in den Jahren 1995 und 1996 zusätzlich je ein Sonderheft. Zwischen 2010 und 2016 erschien jährlich eine Doppelnummer. Nach einer Pause 2017/18 infolge des Herausgeberwechsels kommt die Zeitschrift vorerst weiterhin als Doppelnummer einmal im Jahr heraus.

Sekundärliteratur

  • Johann Böhm: Reaktionen ehemaliger NS-Funktionäre in der Landsmannschaftsführung der Siebenbürger Sachsen und in der „Arbeitsgemeinschaft für Südostdeutsche Volks- und Heimatforschung“ des Fritz Cloos auf Buchveröffentlichungen, die nicht in ihrem Sinne waren. In: ders., Klaus Popa: Vom NS-Volkstum- zum Vertriebenenfunktionär. Die Gründungsmitglieder des Südostdeutschen Kulturwerks München und der Landsmannschaften der Deutschen aus Rumänien, Ungarn und Jugoslawien. Frankfurt am Main, Peter Lang, 2014, S. 189–320, vor allem 189–225.
  • Georg Herbstritt (Bearb.): Register für die Jahrgänge 1–25 (1989–2013) der „Halbjahresschrift für südosteuropäische Geschichte, Literatur und Politik“. Dinklage, AGK Verlag, 2013.

Weblinks


Zitation

Georg Herbstritt: Halbjahresschrift für südosteuropäische Geschichte, Literatur und Politik. In: Donau-Karpaten-Literatur: Lexikon zur deutschsprachigen Literatur aus Zentral- und Südosteuropa (2019). URL: https://dokalit.ikgs.de/halbjahresschrift (Stand: 08.10.2024).

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